Teil 4 / Schattennacht
Sie erwachte im Dunkel. Überall
um sich herum vernahm sie eine dumpfe Stille und Atemgeräusche, die nicht ihre
eigenen waren. Vorsichtig stützte sie sich auf die Ellenbogen und wurde
sogleich mit scharfen Kopfschmerzen belohnt.
»Ah«, keuchte sie auf und schloss
die Augen, die Stirn gegen den kalten Boden gepresst.
»Mircea«, wisperte eine Stimme
neben ihr. Überrascht sah sie auf und konnte schwach Eisas Konturen neben sich
ausmachen.
»Ist alles in Ordnung mit dir?«
»Ja«, antworte Eisa leise. »Mir
ist nichts passiert. Ich bin einfach nur ohnmächtig geworden und hier wieder
aufgewacht. Keine Ahnung, was in der restlichen Zeit geschehen ist.«
Mircea richtet sich auf und sah
sich um. Sie waren in einem kleinen dunklen Raum, den Eisa jetzt erhellte in
dem sie ein wenig ihrer Magie in dafür vorgesehene kleine Glaskugeln in der
Wand fließen ließ und die Magie dort sanft leuchtete und ihr Licht verbreitete.
»Wir müssen hier raus«, meinte
Eisa und sah Mircea an. »Egal wie, aber wir können hier nicht bleiben.« Mircea
nickte nachdenklich und ließ sich wieder zu Boden gleiten, ihr Kopf schmerzte
ohne Unterlass und hinderte sie am gezielten Nachdenken.
Eisa dagegen war bereits auf den
Beinen und suchte den Raum nach möglichen Schwachstellen ab, doch es gab
nichts. Der Raum war klein und ohne Fenster. Die Tür war nur von außen zu
öffnen und es gab keine Fuge oder andere unebene Kanten in der Wand. Zudem gab
es keine Gegenstände. Der Raum war bis auf die Glaskugeln an der Wand leer.
Kein Tisch, kein Stuhl, kein Bett. Nichts.
Frustriert gab Eisa irgendwann
auf und ließ sich neben Mircea auf dem Boden nieder.
»Wir finden einen Weg«, meinte
Mircea tröstend und berührte Eisas Hand.
»Ja«, meinte sie nur und
umklammerte Mirceas Finger mit eiskaltem Griff.
Es schien Ewigkeiten zu dauern
bis sich etwas an ihrer Situation änderte. Mircea war wieder eingeschlafen,
während Eisa die ganze Zeit wach geblieben war und wiederholt den Raum
abgesucht hatte, aber wie beim ersten Mal zu keinem anderen Ergebnis gekommen
war. Ihr Gefängnis war ausbruchsicher, zumindest fürs Erste.
Schritte erklangen auf dem Flur
vor ihrer Tür, welche kurz darauf schwungvoll aufgerissen wurde und dann trat
eine sehr gut gelaunte Wynn in den Raum.
Mircea fuhr erschrocken aus dem
Schlaf und rappelte sich hastig hoch. Eisa stellte sich schweigend neben sie
und beide warteten ab, was weiter geschehen würde.
»Meine Tochter, es ist so schön
dich endlich zu sehen.« Eisa ignorierte sie völlig. »Ich muss schon sagen, du
bist wahrlich groß geworden und so hübsch.« Ein raubtierhaftes Grinsen fuhr
durch ihr Gesicht und ließ ihre schwarzen Augen bedrohlich funkeln.
Mircea sagte nichts, sah ihre
Mutter nur ernst an.
»Nun sei doch nicht so stumm wie
ein Fisch, nach all den Jahren solltest du schon etwas glücklicher sein, deine
Mutter wiederzusehen.«
»Du bist nicht meine Mutter«,
knurrte Mircea.
Wynns Augen wurden groß. Dann
verdunkelte Wut ihr Antlitz und ohne ein weiteres Wort drehte sie sich um und
rauschte aus dem Raum.
»Ich weiß nicht, ob das schlau
war«, meinte Eisa in die plötzlich herrschende Stille hinein.
»Nein, war es nicht.« Mircea
vergrub den Kopf in den Händen und seufzte resigniert. »Das war es absolut
nicht.«
Einige Stunde später öffnete sich
die Tür und ein magerer Mann stand im Rahmen und blickte die beiden Mädchen
ernst an.
»Kommt mit und falls ihr vorhabt
zu fliehen, viel Erfolg! Noch niemand ist der dunklen Festung entkommen!«
»Na das wollen wir doch erst noch
sehen«, murmelte Eisa, aber Mircea legte ihr sanft die Hand auf die Schulter
und schüttelte den Kopf.
»Noch nicht, wir brauchen erst
einen Plan!« Eisa nickte zögernd und folgte Mircea und dem mageren Mann, der
sich nun als Rey vorstellte.
Er führte sie durch dunkle Gänge,
die entweder von Fackeln oder gläsernen Magiekugeln erleuchtet wurden und
nachdem Mircea längt die Orientierung verloren hatte, blieb er vor einem großen
Speisesaal stehen. In der Mitte war eine große Tafel aufgebaut, an deren einem
Ende Wynn saß. Und am anderen Ende Killian. Mircea keuchte überrascht auf und
sah vor allem die blutunterlaufenden Augen und die Blessuren auf seinen nackten
Armen.
Ohne nachzudenken eilte sie zu
ihm hin und war entsetzt über den dumpfen Blick in seinen eisgrauen Augen.
»Killian, hey, was haben sie mit
dir gemacht?«
»Ihm geht es gut, setz dich!«,
Wynn erhob kaum ihre Stimme, aber sie schnitt durch die Luft wie pures Eis.
Mircea wollte sich ihrem Befehl widersetzen, doch eine winzige Regung in
Killians Augen hielt sie davon ab und sie setzte sich auf den freien Platz
neben Killian. Eisa nahm den Stuhl zu seiner anderen Seite.
Ein Diener erschien und trug
ihnen Essen auf. Mircea war sich sicher, keinen Bissen herunter zu bekommen,
doch ihr Magen knurrte vernehmlich und sie wusste, wenn sie wirklich fliehen wollte,
dann musste sie bei Kräften bleiben, sonst wären alle Pläne bereits vor dem
Schmieden gescheitert. Also begann sie zu essen und auch Eisa und Killian aßen,
wenn auch ohne Appetit.
»Wie schön, fast wie eine
richtige Familie«, begann Wynn plötzlich das Gespräch. »Nicht wahr Killian? So
haben wir uns das früher vorgestellt. Du und ich und zwei wunderbare Kinder.«
Ihr Blick wanderte von Killian zu Eisa und Mircea. Niemand antwortete ihr und
irgendwann sprach Wynn einfach weiter.
»Wir hatten damals so viele
Träume. Du und ich, wir wollten reisen und die Welt verbessern. Welch törichte
Idee. Die Welt ist so kaputt, dass sie nicht mehr zu retten ist. Sie kann nur
beherrscht und geführt werden.«
Killians Blick schoss von seinem
Teller nach oben.
»Das ist nicht woran du glaubst,
Wynn. Niemals geglaubt hast! Dir war die Welt wichtig, die Menschen. Jetzt sieh
dich an, welches Monster aus dir geworden ist.«
Wynn brach in lautes spöttisches
Lachen aus.
»Monster nennst du mich? Monster?
Wie kannst du es wagen! Du bist damals verschwunden und hast mich im Stich
gelassen. Du hast mein Herz gebrochen und meine Seele auseinander gerissen. Du
musstest diesem törichten Mädchen hinterher laufen. Wir wollten doch gemeinsam
glücklich werden.«
»Was hätte das gebracht? Du warst
schwanger, du hattest einen Mann! Wie hätten wir glücklich werden können.«
Killian senkte erschöpft den Blick.
»Wir hätten es wenigstens
versuchen können«, Wynn zeigte zum ersten Mal Verletzlichkeit, aber so schnell
wie diese aufgetaucht war, verschwand sie auch wieder.
»Altes Geschwätz! Liebe, als
würde irgendetwas dieses Wort rechtfertigen. Es gibt keine Liebe, nur die
Schwachen lieben!«
Mit einer Geste beendet sie
dieses Gespräch und stand auf.
»Bringt sie zurück in ihre Räume!
Ich will für heute niemanden mehr sehen!«
Dunkle Gestalten forderten die
drei auf, mit ihnen zu kommen und führten sie dunkle Gänge zurück und blieben
vor einer großen, massiv erscheinenden Tür stehen.
»Hier verbringt ihr die Nacht!«
Die Tür öffnete sich und ließ Mircea und ihre Gefährten hinein, bevor sie sich
laut knarrend hinter ihnen verschloss. Fast sofort vernahmen sie das
metallische Klicken des Schlosses und das vorschiebende Geräusch eines Riegels.
Es waren nicht die gleichen Räume
wie zuvor. Dieses Zimmer war bedeutend größer und vor allem nicht leer. Einige
Betten standen an der einen Wand, zudem gab es einen grob gezimmerten Tisch und
ein paar Stühle. Ein großes Bücherregal bedeckte eine dritte Wand und Wälzer,
in dunkles Leder gebunden, waren auf die einzelnen Etagen verteilt.
»Na immerhin gastfreundlicher als
das andere Zimmer«, bemerkte Eisa
missmutig und ließ sich auf eines der Betten fallen.
»Was meinte sie damit, Killian?
Was wolltet ihr zusammen schaffen?«
Killian sah Mircea durchdringend
an, seufzte aber schließlich und ließ sich auf einem der Betten nieder. Mircea
hockte sich vor ihm auf den Boden und wartete ungeduldig.
»Wir waren damals noch jung, Wynn
und ich. Sie war damals noch, nun, wie man sich eine junge, ehrgeizige, aber im
Herzen gute Hexe vorstellte. Sie liebte das Leben. Die Menschen. Das Lachen.
Und das Tanzen. Wir waren in diesen Tagen viel zusammen. Wie zwei junge
Menschen es in ihrer Unwissenheit eben sind. Doch Wynn war eben auch kein Kind
von Traurigkeit und um dieses zu binden, verheirateten ihre Eltern sie mit
einem ebenfalls jungen Mann. Enver war, nun, er war nicht der hellste Kopf,
aber er war ein guter Kerl. Er hätte Besseres verdient als eine Wynn, die sich
nicht binden wollte und vor allem nicht mit ihm, doch schließlich wurde sie
schwanger. Mit dir.« Killian sah Mircea aufmerksam an, doch sie ließ ihren
Gefühlen keinen freien Lauf. Mit unbewegter Miene saß sie da und lauschte
seinen Worten.
»So wenig Wynn Enver liebte umso
mehr liebte sie dich als du in ihrem Bauch heranwuchst und sie war in dieser
Zeit glücklich wie nie. Doch dann passierte ein Unglück nach dem anderen. Enver
verschwand eines Tages und ihre Eltern wurden beide ermordet aufgefunden. Ein
Attentat, doch keiner wusste zu welchem Zweck. Ich war zu diesem Zeitpunkt
unterwegs. Freya gab mir den Auftrag ein junges Mädchen zu finden und zu
schützen, bis sie sicher im Zirkel angekommen war. Ich weiß nicht genau was in
dieser Zeit mit Wynn passierte, doch sie wurde zu derjenigen, die sie heute
ist. Sie scheint mir vorzuwerfen, dass ich für das junge Mädchen, welches mein
Auftrag war, mehr empfand als für sie und sie deshalb im Stich ließ. Was nicht
stimmt. Bis heute nicht. Dieses Mädchen war mir völlig egal. Nur sie war mir
wichtig!«
Killian verstummte, sein Körper
bebte stumm und Gefühle aus Schmerz und Hass auf sich selbst wirbelten in
seinen Augen durcheinander.
»Ich hätte damals bei ihr sein
sollen, ich hätte sie beschützen müssen. Am Ende fanden wir nur dich, Wynn
hatte es irgendwie geschafft die geistige Kontrolle zu überwinden um dich zu
verstecken, aber sie verschwand an jenem Tag und tauchte erst wieder als dunkle
Königin auf.« Schmerz fraß sich durch Killian hindurch.
»Ich hätte da sein müssen. Ich
hätte …«
»Nichts hättest du«, Mircea war
aufgestanden und blickte ihm direkt in die Augen. »Was geschehen ist, ist nicht
deine Schuld! Wenn, dann ist es Wynns Schuld, oder was auch immer dahinter
steckt. Aber nicht du!«
Ohne große Überzeugung nickte
Killian.
»Was für große Worte von einem
kleinen Mädchen«, Applaus kam von der Tür.
Alle drei drehten sich um und
Killian erstarrte.
»Enver?«, keuchte er. »Du?«
»Ja da staunst du nicht wahr? Wie
kann es sein, dass ich noch lebe? Wie kann es sein, dass ich hier bin? Ja ich
kann die Fragen in deinem Kopf sehen! Ich war doch immer nur ein Depp für euch
und hatte es so satt und zu meinem Glück wurde ich ausgerechnet mit der Hexe
vermählt, die so unsagbar große Kräfte hat und diese wollte ich zu meinen
Gunsten nutzen. Und siehe da, es hat doch tatsächlich geklappt. Nur schade,
dass mir meine Tochter entkam, aber dies hat sich ja nun ebenfalls zum Guten
gewendet«, lächelnd sah er zu Mircea, die ihn sprachlos und mit offenen Mund
anstarrte.
»Aber nun genießt die Nacht bei
uns, morgen werden wir weiterreden!« Mit diesen Worten verließ Enver seinen
Platz an der Tür und ließ sie mit einem lauten Krachen ins Schloss fallen.
Zurück blieben ein sprachloser
Killian und eine noch sprachlosere Mircea. Nur Eisa schien nicht wirklich
überrascht, was aber keiner von beiden wahrzunehmen schien.
»Wynn meine Schöne«, sanft strich
Enver seiner Frau über die roten Haare. »Endlich ist sie heimgekehrt. Das was
du nie wolltest!« Boshaft grinsend sah er die Verzweiflung und den Hass in der
Miene seiner Frau. Dann verließ er die kleine fensterlose Kammer und ließ sie alleine
mit all ihren innerlichen Schmerzen. Denn nachts wirkte seine Magie nicht.
Nachts ließ er sie alleine. Alleine mit all ihrer Verzweiflung und den Taten,
die sie durch seine Kontrolle tat. Das war seine liebste Folter und er liebte
es, wenn Wynn litt. Wenn alle litten!
»Wir müssen hier weg«, Killian
lief unruhig auf und ab, während Mircea und Eisa auf dem Bett saßen und
schwiegen.
»Und wie willst du das anstellen?«,
warf Eisa schließlich leicht genervt ein. »Und bitte, bitte setz dich endlich
hin, du machst mich völlig verrückt.«
Killian warf ihr einen gereizten
Blick zu, setze sich jedoch endlich auf einen der Stühle, nur um dort nervös
mit den Füßen auf und ab zu wippen.
»Ich habe keine Ahnung, aber wir
können nicht hier bleiben.«
»Auf diese Idee wäre ich gar
nicht gekommen«, grummelte Eisa garstig.
»Wenn du nichts sinnvolles zu
sagen hast, halt die Klappe!« Eisa wollte gerade zurückkeifen, als Mircea die
Streitigkeiten der Beiden unterbrach.
»Es reicht jetzt, alle beide. So
kommen wir nicht weiter und heute werden wir sowieso nichts mehr erreichen,
lasst uns schlafen. Vielleicht fällt uns morgen etwas ein, wenn wir ein wenig
ausgeruht sind.«
Grummelnd, aber ohne Widerworte
stimmten beide zu und suchten sich einen Platz für die Nacht. Während Eisa und
Killian fast sofort einschliefen, lag Mircea hellwach in ihrem Bett und starrte
in die Dunkelheit. Was sollte sie nur tun?
Am nächsten Morgen öffnete sich
bereits früh die Tür zu ihrem Gefängnis und Rey stand in der Tür. Er winkte
Mircea zu, ihm zu folgen, verschloss jedoch die Tür vor Killian und Eisa, als
diese hinter ihr aus dem Raum treten wollten.
Erbost hämmerte Killian mit der
Faust gegen die Barrikade, aber Rey ließ sich davon nicht beirren und führte
Mircea durch die dunklen Gänge.
Es dauerte nicht lange und die
junge Hexe hatte sämtliche Orientierung in dem muffigen Gebäude verloren. So
oft zweigten Gänge ab und sie wechselten mehr als einmal ihre Richtung, so dass
ihr bald der Schädel brummte und sie es aufgab sich zu merken, wo sie überall lang
gingen.
Endlich blieb Rey stehen und
winkte sie durch eine offen stehende Tür und als Mircea hindurch trat,
erblickte sie Wynn und Enver, die an einer riesigen Tafel saßen und scheinbar
auf sie warteten.
»Mircea«, Wynn sah sie lächelnd
an, jedoch erreichte das Lächeln ihre dunklen Augen nicht und wirkte wie eine
verzerrte Grimasse.
»Setz dich zu uns, das Frühstück
ist gleich soweit.«
Als würden sie hier heile Familie
spielen, schoss es Mircea durch den Kopf, setze sich dennoch auf den ihr
zugewiesenen Platz und schwieg beharrlich.
»Wir hoffen du hast deine erste
Nacht bei uns genossen, leider waren wir nicht die perfekten Gastgeber, aber
dies soll sich nun ändern. Schließlich sollst du dich bei uns wohlfühlen.«
Mircea zuckte bei Envers Worten
zusammen und sah ihn ungläubig an. Hatte er das gerade ernst gemeint? Sie
sollte so tun als wäre nie etwas geschehen und würde in einer glücklichen
Familie leben?
Sie wollte gerade etwas erwidern,
als sie Wynns Blick auffing, der sie zu warnen schien. Überrascht runzelte sie
die Stirn, aber der Ausdruck war schon wieder aus den Augen ihrer Mutter
verschwunden und sie blickte kalt und ernst drein.
»Mircea!«, donnerte Enver
plötzlich. »Wenn ich mit dir rede, erwarte ich auch eine Antwort.«
»Ja, tut mir leid«, murmelte sie,
aber Enver schien sich damit zufrieden zu geben.
»Sehr gut, dann wäre das ja
geklärt. Du kannst dich frei im Gebäude bewegen, genauso wie deine Freunde,
aber nur im euch zugestandenen Bereich und vor allem ist das Außengelände
verboten.«
Er blickte sie eindringlich an.
»Hast du das verstanden?«
»Ja«, aus mehr als diesem Wort
bestand ihre Antwort nicht. Sie war verwirrt. Warum sollte Enver ihr gestatten
sich in dem Schloss zu bewegen? Ob das eine Falle war? Sie verschob ihre
Grübeleien auf später und sah wieder zu Wynn. Diese war jedoch genauso kalt wie
zuvor und nichts ließ den kurzen solidarischen Augenblick noch erahnen, aber
irgendetwas war mit ihrer Mutter. Irgendetwas wollte sie ihr sagen.
Nach dem Frühstück wollte sie
zurück zu dem Zimmer gelangen in dem sie mit ihren Freunden die Nacht verbracht
hatte, aber bereits nach ein paar Gängen hatte sie sich heillos verlaufen.
»Hier entlang«, schnurrte eine
piepsige Stimme plötzlich neben ihr. Überrascht sah sie nach unten und
entdeckte ein kleines Mädchen, welches fast aussah wie sie selbst. Klein und
mit einer süßen Stupsnase, aber mit den gleichen grünen Augen und den dicken,
rostroten Haaren.
»Wer bist denn du?«, Mircea ging
vor ihr in die Knie.
»Mein Name ist Lyndsy.«
»Hallo Lyndsy, kannst du mir zeigen,
wo ich mein Zimmer wiederfinde?«
Die Kleine nickte nur und hüpfte
vor Mircea den Gang entlang. Schweigend folgte sie dem Mädchen und stand
verwundert keine fünf Minuten später vor dem Raum, den sie heute morgen erst
verlassen hatte.
»Danke sehr«, sie lächelte die
Kleine freundlich an und legte ihr aus einem Impuls heraus die Hand auf den
Kopf.
»Lyndsy«, Enver harsche Stimme
peitschte durch den Raum. »Komm sofort her und geh deine Aufgaben machen. Du
hast hier nichts zu suchen.«
Mircea spürte unter ihrer Hand
deutlich wie das Mädchen zusammenzuckte und sich versteifte, doch äußerlich war
ihr nichts anzumerken.
»Ja Papa«, erwiderte sie
mechanisch und lief geduckt den Weg entlang, den sie gerade erst gekommen waren
und verschwand hinter der nächsten Ecke.
»Also hast du deine Schwester
auch bereits kennen gelernt.«
Obwohl Mircea es bereits geahnt
hatte, war es wie ein Tritt in den Magen.
»Schwester?«, keuchte sie.
»Ja, Lyndsy ist deine Schwester -
nachdem niemand wusste was mit dir ist, haben wir eben noch ein Balg gemacht.
Sicher war sicher. Leider ist sie eine Enttäuschung, aber nun bist du ja wieder
bei uns, das alleine zählt.« Ein wölfisches Grinsen breitete sich in seinem
Gesicht aus und Mircea wurde kalt ums Herz.
»Ich hoffe, du wirst uns nicht so
enttäuschen wie dieser unnütze Fehlschlag«, fügte er noch hinzu und ließ sie
alleine im Gang stehen. Alleine mit ihrer Angst. Alleine mit all ihren Fragen.
»Du hast eine Schwester?«,
keuchte Killian entsetzt, während Eisa sie stürmisch umarmte und sich freute
als hätte sie selbst gerade ein Familienmitglied gefunden, von dem sie nichts
gewusst hatte.
»Ja Lyndsy, sie ist mir vorhin
begegnet. Wozu brauchen sie unbedingt ein Kind, Killian? Wozu müssen sie
unbedingt einen von uns haben?«
»Ich weiß es nicht«, er schüttelte
bedauernd den Kopf.
»Irgendetwas geht hier auf jeden
Fall vor«, warf Eisa an. »Und dafür brauchen sie einen Nachkommen, also Lyndsy
oder Mircea, wobei Lyndsy scheinbar nicht das ist was sie erwartet haben, sonst
bräuchten sie Mircea nach all dieser Zeit nicht mehr.«
Killian nickte nachdenklich.
»Ja irgendetwas geht hier vor und
wir müssen herausfinden, was.«
»Wollten wir eben nicht noch
fliehen?«, fragte Eisa dazwischen. Was ihr nur einen genervten Blick von
Killian einbrachte.
»Ja wollten wir, aber das war,
bevor wir wussten, dass Mircea eine Schwester hat und dass hier noch viel mehr
vorgeht als wir bisher geahnt haben. Wir können nicht einfach verschwinden und
all dies ignorieren. Es würde uns so oder so wieder einholen. Oder?«, fragend
blickte er zu Mircea hoch.
»Ja«, sie nickte zustimmend. »Außerdem
kann ich Lyndsy nicht hier lassen.« Eisa sah sie nachdenklich an, aber auch
wenn Mircea Lyndsy heute zum ersten Mal traf, hatte sich das kleine Mädchen
sofort in ihr Herz geschmuggelt und sie würde alles tun, aber nicht sie hier in
dieser Hölle zurücklassen.
»Also lasst uns einen Plan
entwerfen«, warf Killian enthusiastisch ein und beide Mädchen nickten
zustimmend und voller Tatendrang.
Allerdings wich dieser Tatendrang
bald Frustration. Niemand hatte eine Idee wie sie mehr herausfinden sollten.
Wie angekündigt durften sich alle innerhalb der Gemäuer bewegen, aber nie ohne
persönliche Eskorte und nur in bestimmten Bereichen, daher war die Chance,
etwas heraus zu finden eher aussichtlos. Mircea hatte da schon mehr
Möglichkeiten. Sie wurde mehrmals am Tag zu den Mahlzeiten mit Wynn und Enver
sowie mittlerweile Lyndsy erwartet, aber auch hier gab es einfach keine neuen
Erkenntnisse.
Killian und Eisa stritten sich
immer häufiger und gingen sich mehrmals fast an die Gurgel. Mircea zog sich
zurück und versuchte, Zeit mit Lyndsy zu verbringen, was sich als schwierig
gestaltete, da Enver es gut verstand, die beiden Mädchen voneinander fern zu
halten. Und schnell wurde den dreien auch klar, dass nicht Wynn das Sagen
hatte, sondern Enver.
»Wir müssen endlich etwas
erreichen, sonst drehe ich noch durch«, knurrte Eisa eines Abend als die
Freunde sich zur Nacht fertig machten.
Niemand antwortete darauf, es war
auch so klar, denn so konnte es nicht mehr weitergehen.
Mircea erwachte mitten in der
Nacht. Sie wusste nicht was sie geweckt hatte, aber ein Gefühl der
Dringlichkeit verhinderte, dass sie wieder einschlafen konnte.
Irgendwann gab sie es genervt auf
und zog sich leise an, bevor sie aus dem Zimmer schlich. Killian schnarchte
dumpf, während Eisa sich leise murmelnd von einer Seite auf die andere drehte.
Barfuß schlich sie durch die
kalten, dunklen Gänge und ließ die Stille auf sich wirken. Stille, die
plötzlich von leisem Weinen unterbrochen wurde. Kurz hielt sie inne und horchte
in die Dunkelheit. Da war es wieder. Ein Seufzen wie von unsichtbaren Windböen
hin und her geworfen schlich sich durch die Nacht. Schnell wandte sie sich in
die Richtung und folgte den Lauten. Sie wusste nicht was sie dorthin zog, aber
etwas zerrte sie in die Richtung und außerdem war sie neugierig. Vielleicht
konnte sie jemandem helfen, oder zumindest etwas herausfinden.
Obwohl sie sich immer noch nicht
im Schloss alleine zurechtfand, wusste sie, dass sie hier noch nie gewesen war.
Die Mauern waren heruntergekommen und nasse Tropfen liefen am blanken Stein
herab. Es war kalt und die Luft roch muffig. Und inmitten dieser beängstigenden
Szenerie weinte jemand.
»Was tust du hier?«, durchbrach
eine kalte Stimme die Stille. Erschrocken fuhr Mircea herum und sah Vidar vor
sich, der sie aus seinen dunkelbraunen Augen aufmerksam musterte. »Wenn dich
hier jemand erwischt, dann Gnade dir Gott.«
»Ist das eine Drohung?«, fragte
Mircea selbstbewusster als ihr zumute war.
»Wenn ich dir böses wollen würde,
dann hättest du keine Zeit mehr, dir meine Drohungen anzuhören. Also
verschwinde in dein Zimmer und lass dich hier nie wieder blicken. Sonst kann
dir niemand mehr helfen.« Mit einer Handbewegung verscheuchte er sie und sah
ihr so lange nach, bis sie auch wirklich um die nächste Ecke aus seinem
Blickfeld verschwunden war.
»Was zum Teufel geht hier vor?«
Mircea war völlig verwirrt, warum hatte er sie nicht verraten, oder war das
eine Falle? Was plante der dunkle Gesell, der die falsche Seite gewählt hatte.
Oder hatte er das gar nicht?
Mircea wurde nicht schlau daraus,
zu viel passierte momentan, zu viele Menschen schienen nicht zu sein, wer sie
vorgaben zu sein und mittlerweile hatte sie einfach die Übersicht verloren.
Müde kroch sie ins Bett und von Gedanken
und Fragen überwältigt, schlief sie schließlich ein.
Als Mircea am nächsten Morgen zum
Frühstück geführt wurde, beobachte Vidar sie aufmerksam. Schmerzhaft zog sich
ihr Herz zusammen aus Angst, er würde sie jetzt verraten, aber nichts
passierte. Schweigend nahmen sie die Mahlzeit ein und ihr Blick schweifte immer
wieder zu Lyndsy, die ernst dreinblickte und mit den Füßen wippte.
Gerne würde sie wissen, was das
Mädchen den ganzen Tag machte und wo sie nachts untergebracht war, um einen
Plan zur Flucht entwerfen zu können. Killian und Eisa wurden ungeduldig und
gingen sich immer öfter an die Gurgel. Auch Mircea merkte, wie das dunkle
Gemäuer an ihren Nerven zerrte und sie aggressiv machte. Und noch immer waren
sie keinen Schritt weiter. Niemand wusste, wozu Enver und Wynn die beiden
Mädchen brauchen würden. Noch immer stocherten sie im Dunklen herum und kamen
nicht weiter.
»In drei Tagen ist Blutmond«,
sagte Wynn mitten in die Stille herein.
Lyndsy keuchte auf. Envers Kopf
ruckte hoch. Enver sog die Luft pfeifend durch seine Zähn ein.
»Still«, Enver donnerte seine
Faust auf den Tisch. Böse sah er Wynn an.»Lyndsy, verschwinde. Mircea, geh zu
deinen Freunden. Sofort!«
Lyndsy sprang wie von einer Furie
gestochen hoch und rannte geradezu aus dem Raum, Mircea wollte noch ein wenig
verharren als sie ein Blick aus Wynns Augen traf. Wieder sah sie dort etwas,
was nicht Hass und Dunkelheit war. Ein flehender Ausdruck hatte sich
eingeschlichen und verschwand fast sofort wieder. Doch Mircea seufzte innerlich
und verließ den Tisch.
»Blutmond, Blutmond, Blutmond.
Irgendetwas sagt mir das«, murmelnd lief Killian auf und ab. Fünf Schritte nach
vorne, Drehung, fünf Schritte zurück, Drehung und wieder von vorne. Eisa warf
ihm einen genervten Blick zu, bevor sie Mircea den Arm um die Schultern legte.
Dankbar ließ sich Mircea an ihre Schulter sinken und atmete tief den Duft von
frischer Natur nach einem Regenguss auf, der Geruch, der Eisa ständig umgab.
»Wir schaffen das«, flüsterte
Eisa in ihr Ohr. Mircea erwiderte nichts, ließ sich nur in Gedanken gefangen
davon treiben.
Nur gefühlte Sekunden später
rüttelte jemand an ihrer Schulter, Mircea schreckte hoch und merkte wie Eisa
ihre Fingerspitzen in ihre Schulter gekrallt hatte. An der Tür stand Vidar und
Killian hatte sich drohend vor ihm aufgebaut.
»Ich will niemandem etwas tun,
nur mit ihr reden«, versuchte Vidar sich gerade zu erklären.
»Lass ihn«, mischte Mircea sich
ein. »Ich möchte hören was er zu sagen hat. Du hast mich nicht verraten, also
was hast du zu verbergen?«
Killian warf ihr einen Blick zu
als wäre sie vollkommen verrückt geworden, trat aber einen Schritt zurück als
sie diesem gelassen standhielt.
»Und ich werde dich auch nicht
verraten.« Mircea nickte nur, erwiderte jedoch nichts.
Nach einer unangenehmen Pause, in
der niemand etwas sagte, räusperte sich Vidar unbehaglich.
»Also, ähm, ich habe mitbekommen,
dass ihr über das Blutmondritual grübelt und ich kann euch helfen.«
»Warum solltest du uns helfen?«
brachte Eisa mühsam beherrscht hervor. »Du bist doch ganz tief im Hintern
deines Herren vergraben. Wahrscheinlich willst du uns nur in eine Falle locken.«
»Nein, das möchte ich nicht. Und
ich diene Enver nicht, ich diene nur Wynn.«
»Ist das nicht das gleiche?«,
ätzte Eisa fragend.
»Nein, denn Wynn steht unter
Envers Einfluss. Wir hätten niemals gedacht, dass Enver solche Mächte besitzt
und sie vor allem einsetzen kann. Wir alle haben angenommen, dass Enver nur ein
schwacher Mann ohne viel Rückgrat ist, den Wynns Eltern aus Mitleid ausgewählt
haben. Aber Enver ist machtsüchtig und er hat gelernt wie er seine wenigen
Kräfte nicht nur gut verstecken sondern auch effektiv einsetzen kann. Wynn hat
niemals freiwillig getan was geschehen ist«, dabei warf er Killian einen
Seitenblick zu, der stumm im Zimmer stand. Die Hände zu Fäusten geballt, seine
Unterlippe zitterte leicht vor unterdrücktem Zorn. Mircea wollte zu ihm gehen
und seine Hand nehmen. Einfach irgendetwas tun um ihm zu helfen, doch sie blieb
sitzen.
»Und was willst du nun von uns«,
fragte sie.
»Ihr müsst verschwinden. Sollte
das Blutmondritual gelingen, dann wird Enver unbesiegbar werden. Er wird die
Kraft deiner Mutter, deiner Schwester und deine eigene in sich aufnehmen und
wenn dies geschieht, dann kann ihn niemand mehr aufhalten.«
»Und alle anderen werden tot sein«,
Killians Augen waren dunkel vor Schmerz,
»Ja, niemand wird das Ritual
überleben, daher müsst ihr vorher fliehen. Diese Nacht wird unsere einzige
Chance sein. Ich werde Lyndsy zu dir bringen, ihr müsst fliehen.«
»Und Enver?«, Eisa klang heiser.
»Um den werde ich mich kümmern.
Wir haben einen Plan, aber er muss diese Nacht vollendet werden, sonst haben
wir keine Chance mehr ihn aufzuhalten. Nie mehr!«
Schweigen bemächtigte sich dem
Raum.
»Und wie sollen wir flehen? Ich
meine, ich habe mich nach den ersten drei Schritten da draußen verlaufen wie
soll ich gezielt irgendwo hin finden?«
Vidar sah Eisa leicht belustigt,
aber gleichzeitig ernst an. »Lyndsy weiß wo ihr lang müsst, folgt ihr einfach!
Aber jetzt muss ich gehen, bevor es zu auffällig wird wie lange ich schon hier
bin.« Er nickte Mircea zu, streifte Killian mit einem langen Blick und verließ
das Zimmer.
»Können wir ihm trauen?«, warf
Eisa ein. Mircea sah zu Killian, der nur mit den Schultern zuckte.
»Ja, ich denke schon. Und wenn
nicht, welche Wahl haben wir schon? Ich möchte jedenfalls keine Nacht länger
als nötig hier bleiben.«
»Gut«, Eisa nickte. »Dann werden
wir wohl heute Nacht fliehen!«
»Ja, hoffentlich spielt Vidar
nicht wieder ein falsches Spiel mit uns«, meinte Killian nachdenklich, als er
das kleine Buch neben der Tür entdeckte. »Was ist das, gehört das einem von
euch?«
Beide Mädchen schüttelten
verneinend den Kopf und Mircea hob es schließlich auf. Es war in helles Leder
gebunden und schien eine Märchensammlung zu enthalten. Verwirrt runzelte sie
die Stirn, als ein Blatt Papier hinaussegelte.
»Was ist das?«, Killian hob den
Fetzen vom Boden auf und las emotionslos die Worte vor, die darauf gekritzelt
waren. »Der Blutmond verspricht Macht. Wer Magie aus anderen Menschen
herausreißt, wird stärker. Wer Magie aus Verwandten, am besten Nachkommen, bei
Blutmond stiehlt, wird unbesiegbar!«
»Na super«, knurrte Eisa. »Jetzt
wissen wir was dieser verdammte Mond zu bedeuten hat und was er von dir will -
deine Macht.«
Mircea erwiderte nichts, sie sah
nur schweigend zu Killian, der vor Wut das Gesicht verzogen hatte und die Zähne
fest zusammenpresste um nicht laut zu fluchen.
»Wir müssen hier weg!« Die
Mädchen nickten zustimmend.
Der Tag verging quälend langsam.
Bei jedem Geräusch zuckten sie zusammen und ihre Nerven waren bis zum Zerreißen
gespannt. Doch schließlich brach die Nacht herein. Und die erste Stunde
verging. Langsam wurden sie unruhig, als plötzlich die Tür aufging.
Vidar stand dort, neben sich die
kleine Lyndsy.
»Na endlich«, knurrte Killian. »Wieso
hat das so lange gedauert?«
»Wir mussten vorsichtig sein.
Wenn dies alles scheitert bevor es begonnen hat ist niemandem geholfen.«
»Wo er Recht hat …«, wandte Eisa
an, während Killian nur schnaubte.
»Also los jetzt. Lyndsy wird euch
rausführen, draußen seid ihr auf euch gestellt, aber eins versprecht mir«, er
wandte sich Mircea zu. »Kümmere dich gut im Lyndsy, sie hat es verdient!«
Mircea nickt.
»Ich verspreche es.«
»Gut, dann geht.« Er ließ Lyndsy
los und lugte in den Gang. »Niemand sollte euch aufhalten, wenn doch, dann
setzt eure Kräfte ein. Die meisten Wachen hier haben keinerlei Begabung, Enver
duldet sie nicht neben sich.«
»Na das klingt doch nicht mal so
schlecht«, Eisas Augen funkelten wie die einer listigen Katze. Mircea nickte und
trat zur Tür.
»Noch nicht, wartet noch etwa
eine Stunde, dann macht euch auf den Weg. Viel Erfolg.« Ohne einen weiteren
Blick wandte Vidar sich ab und verließ den Raum. Zurück blieben Mircea, Lyndsy,
Eisa und Killian und eine quälend langsame Stunde.
Die Gänge waren dunkler als
sonst, oder vielleicht kam es Mircea auch nur so vor, aber eine bleiernde
Schwärze hatte sich in die Flure geschlichen und ließ sie langsamer denken. Vor
sich sah sie Eisas wippenden blonden Pferdeschwanz und Lyndsys kleine Gestalt.
Hinter ihr lief Killian.
Lyndsy führte sie scheinbar
zielsicher durch das tiefe Labyrinth, während Mircea bereits nach wenigen
Metern die Orientierung verloren hatte.
»Wartet«, Eisa hob plötzlich die
Hand und stoppte mitten im Lauf.
»Was?«, Mircea hielt ebenfalls
neben ihr an und starrte in die Dunkelheit. Und dann wurde ihr bewusst was
anders war.
»Wo ist Killian?«, fragte Eisa in
dem gleichen Moment wo auch ihr Killians Abwesenheit bewusst geworden war.
Suchend sah sich Mircea um und
lief schließlich zur letzten Gangkreuzung zurück, aber auch hier war keine Spur
von ihm.
»Wir müssen weiter«, piepse
Lyndsy vor ihnen und blickte sich besorgt um.
»Wir können ohne Killian nicht
weitergehen«, brummte Eisa.
»Doch«, meinte Mircea
wiedersprechend. »Er ist nicht einfach verschwunden, er muss bewusst geplant
haben sich von uns abzusetzen. Ich möchte ihn nicht zurücklassen, aber es war
seine eigene Entscheidung, also weiter geht´s. Bevor alles umsonst war.«
Eisa starrte sie ungläubig an.
»Wir können doch nicht einfach
ohne ihn verschwinden. Entweder wir alle oder niemand.«
»Nein!« Mircea blieb eisern bei
ihrer Meinung, auch wenn es ihr schmerzhaft ins Herz schnitt. »Weiter jetzt«,
mit diesen Worten bedeutete sie Lyndsy weiter zu gehen und folgte ihrer
Schwester, ohne abzuwarten, was Eisa tat. Nur wenige Schritte weiter spürte sie
wie Eisa sich ihnen anschloss und weiter durch die Gänge folgte.
Bisher waren sie auf keine
einzige Wache gestoßen und so froh Mircea darüber war, so sehr verwunderte sie
das innerlich. Warum war hier niemand?
»Hey«, brüllte in dem Moment
jemand hinter ihnen.
»Wie weit noch Lyndsy«, fragte
Eisa angespannt.
»Ein paar hundert Meter, dann
sind wir draußen und dann durch den Wald, aber da werden sie uns kaum finden
können.«
»Gut, dann los«, forderte Mircea
auf und die kleine Gruppe rannte den Gang entlang. Lyndsy bog noch um mehrere
Ecken ab, bis sie in einem kleinen Gang kamen, der in einer Sackgasse endete.
Scheinbar zumindest, denn Lyndsy betätigte einen kleinen Schalter im Gemäuer
und geräuschlos glitt ein kleiner Ausgang in der Mauer auf. Mircea atmete
erleichtert auf und wollte gerade nach draußen treten, als etwas sie am Kopf
traf und alles um sie herum dunkel wurde.
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