Kapitel 26 / Tränen des Mondes


Doch sie waren nicht die Einzigen, die Leandriis Ruf vernommen hatten und nun in den Wald strömten, auch andere magiebegabte Wesen zog es in die Dunkelheit. Unter ihnen Bärenjäger, die ihre Chance sahen, die Wölfe und ihre Verbündeten ein für alle Mal auszulöschen. So lange brannte bereits der Hass und so lange hatte keine Seite gewonnen, obwohl die Feach fast vollständig ausgelöscht wurden, kurz nachdem Mischa die Welt verließ. Doch nun war alles anders. Weder die Feach noch die Bärenjäger waren mehr viele, letztere waren vergessen worden, nachdem der Beruf nicht mehr gebraucht worden war. Seth hatte nicht viele vor seinem Tod rekrutieren können, aber es gab immer noch genug. Einen für jeden Feach. Einen für jedes magiebegabte Wesen. Es wäre ein ausgeglichener Kampf, wenn alle sich für ihre Seite entscheiden, wenn sich niemand heraus halten würde und die Zeit zum Verstecken war endgültig vorbei. Dies war die letzte Möglichkeit, für beide Seiten. Entweder die Feach würden ausgelöscht werden oder sie hatten ihr Paradies erreicht. So oder so, es wäre ein Ende für eine der beiden Seiten. Feach und Bärenjäger warteten auf ihrer Seite des Waldes und bereiteten sich innerlich vor. Bald würde die Nacht vorüber sein und eine Entscheidung wäre gefallen, doch noch konnte niemand sagen zu welchem Gunsten sie ausfallen würde. Die eine Seite war voller Hoffnung auf ein kleines Mädchen. Die andere Seite voller blindem Hass, der es unmöglich machte normal zu denken. Es gab keinen anderen Platz außer für Rachegedanken. Der Tod lag in der Luft. Wie damals, im Zeitalter der Dunkelheit, doch diesmal gab es keine Helden, keine Meister, nur Angst, Verzweiflung und unterdrückte Hoffnung.

Leandriis sah sich um. Es war ein kleiner, bunt gemischter Haufen, der zu ihr gekommen war, aber sie alle hatten etwas gemeinsam. Sie alle waren Feach oder ihre Verbündeten. Leandriis musste schnell feststellen, dass nicht mehr viele von ihnen existierten. In etwa waren es alles in allem vielleicht etwa zehn Dutzend Feach und ein paar andere Wesen, wie Rajael, die Leandriis aber nicht zu deuten wusste. Sie hatte auch keine Ahnung wie die Feach so schnell hergekommen waren und vor allem woher sie wussten, dass sie hier herkommen sollten. Rajaels Erklärung, dass sie gerufen wurden, befriedigte sie nicht wirklich.
Ihr Vater trat mitten in ihren Überlegungen hinter sie und legte die Hand auf ihre Schulter. Im ersten Moment wollte sie diese sofort wieder abschütteln, doch dann unterdrückte sie den Reflex. Am Ende war er immer noch ihr Vater und egal was er getan oder nicht getan hatte, sie verband eine Blutlinie und irgendetwas sollte auch das wert sein.
»Sie kommen!«
Leandriis musste nicht fragen, wen er meinte, auch sie hatte die Fremden bereits bemerkt. Wolfsjäger, ebenfalls die letzten ihrer Art, sammelten sich vor dem Wald und nutzten die Deckung der dunklen Bäume um sich vor den Menschen zu verstecken. Doch diese Sorge war unbegründet, es gab in diesem Teil der Welt keine Menschen mehr. Schauergeschichten und Mythen hatten sie vertrieben, fest verbissen in ihren Aberglauben, dass niemand mehr einen Schritt in den Wald hinein wagte.
So bekam die restliche Welt nicht mit, was sich in diesem Wald ankündigte. Die letzte finale Schlacht der magiebegabten Wesen. Zwischen Feach und ihren Feinden. Zwischen überleben wollenden und hassenden Individuen. Die einen wollten alle auslöschen, die anderen wollten einfach nur in Ruhe leben. Doch für beide Arten würde heute ein Ende geschrieben werden, auf die eine oder die andere Weise. Und nach dieser Nacht würde es ein endgültiges Ende sein oder ein neuer Anfang. Noch konnte es niemand sagen. Doch diese Nacht würde in Chaos versinken. Der Himmel verfärbte sich, Meteoriten stürzten zu Boden. Feuer brach aus. Der ganze Wald stand lichterloh in Flammen. Und die Feach und ihre Feinde bekämpften sich aufs bitterste. Die Welt hörte sich für diese Nacht auf zu drehen und alles versank in Chaos.

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Brief von der Front / Farbschatten der Erinnerung

Prolog / Regentropfen auf dem Visier

Warum / Farbschatten der Erinnerung