Land der Träume / Farbschatten der Erinnerung


Nachts trat er in seinen Träumen in eine andere Welt ein. Eine Welt voller Wunder und Schönheit. Wie in seinen früheren Träumen begleitete ihn auch diesmal eine kleine Fee. Ihre schimmernden Flügel auf dem Rücken gefaltet, saß sie ruhig auf seiner Schulter. So durchstreiften sie das Land und trafen allerlei seltsame und wundersame Geschöpfe.
Hier in dieser Welt fand er die Ruhe und Zuflucht, die ihm in der Realität so oft fehlte. Dort fühlte er sich zu oft allein und nicht wahrgenommen, nicht so, wie er wirklich war. Hier hatte er Freunde, richtige Freunde, wie die Fee, die gerade auf seiner Schulter saß.
Doch heute war nicht alles so gewesen wie sonst. Seine kleine Freundin kam zitternd und völlig zerzaust entgegen geflattert. Nachdem der erste Schock verklungen war, hatte er alles versucht, um ihr zu entlocken, was geschehen war, aber so sehr er sich auch bemühte, sie wollte ihm einfach nicht sagen, wer oder was sie so zugerichtet hatte. Sie war nur aufgeregt vor ihm her geflogen und hatte immer wieder zu ihm zurückgeschaut, bis er verstanden hatte, dass er ihr folgen sollte. Sichtlich zufrieden ließ sie sich auf seiner Schulter nieder und erhob sich nur, wenn er drohte in die falsche Richtung zu laufen.
Er hatte sich schon lange daran gewöhnt, dass seine kleine Freundin so gut wie nie redete, nur, wenn sie wirklich musste, aber manchmal konnte sie ihn damit auch ziemlich nerven. Vorsichtig bewegte er sich durch diese fremde Welt, die ihm zugleich völlig vertraut vorkam. Wie von selbst wichen die Pflanzen vor seinen Füßen zurück, um nicht durch unachtsame Schritte zertrampelt zu werden.
»Fast«, sanft wie in leiser Windhauch fuhr das Wort an seinem Ohr vorbei. Das erste Wort seit langem von der kleinen Fee. Unwillkürlich musste er lächeln und beschleunigte noch einmal seine Schritte, um dann abrupt und überrascht stehen zu bleiben.
Vor ihm, auf einer hellen, grasbewachsenen Wiese, spielte eine kleine Katze. Den Kopf leicht schief gelegt, die Pfote erhoben, beobachte sie aufmerksam ihre Umgebung. Nur schwer konnte er sich ein Grinsen verkneifen, doch ihm war bewusst, wie gefährlich die Katze hier für die meisten Bewohner sein konnte.
Vorsichtig wagte er sich Schritt für Schritt an sie heran und lockte sie mit sanften Tönen näher. Aufmerksam unterbrach sie ihre Jagd auf die kleinen Wesen und sah ihn mit großen Augen an.
"Na komm her, meine Süße, na komm", lockte er sie leise. Kurz vor ihr ging er in die Hocke und wartete geduldig. Langsam, mit tapsigen Schritten kam sie auf ihn zu, die rosafarbene Nase neugierig vorgestreckt und schnupperte an seiner Hand. Bedächtig strich er ihr über das weiß-rötliche Fell, als die kleine Fee aufgeregt von seiner Schulter flatterte. Erschrocken sträubte sich das Fell der Katze und mit einem riesen Satz sprang sie zurück, ihr buschiger Schwanz schlug hin und her, ihre grünen Augen funkelten angriffslustig.
"Pf", mit einem Mal stieß er die angehaltene Luft aus und strich sich durch die braunen Haare. Sein Blick fiel erneut auf die Katze. Sie saß wieder ruhig im Gras und leckte sich das Fell, als eine kleine Blumenfee vorwitzig um sie herum schwirrte und ihr immer mal wieder am Fell zog. Ungehalten schlug die Katze mit der Pfote nach ihr, aber die Fee war einfach zu flink, trotzdem machte er sich Sorgen um sie.
Gerade als er einen erneuten Versuch starten wollte, um sie einzufangen, machte die Katze einen Satz und war plötzlich verschwunden. Überrascht musterte er die Umgebung, aber die Katze war und blieb verschwunden. Neben ihm kicherte die Fee leise und er schlug die Augen auf.
Blinzelnd rieb er sich die Augen und zog die Bettdecke bis hoch zur Nase als etwas Weiches neben ihm leise maunzte. Überrascht drehte er den Kopf und entdeckte die kleine weiß-rötliche Katze neben sich im Bett schlummernd. Ein Lächeln stahl sich auf seine Lippen und sanft strich er über ihr weiches Fell.

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